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Ablauf des Mediationsverfahrens
Die nachfolgende Übersicht zeigt die typischen fünf Phasen einer Mediation, die sich in Ausbildung und Praxis durchgesetzt haben und die wir in unserer Praxis anwenden:
Phase 1: Eröffnung und Auftragsklärung
Phase 2: Klärung des Sachverhalts und der Themen mit Themensammlung
Phase 3: Klärung der Interessen, Ziele und Bedürfnisse
Phase 4: Erarbeiten und Bewerten von Lösungsmöglichkeiten und Optionen
Phase 5: Lösung und Vereinbarung
a. Die erste dieser fünf Phasen der Mediation hat die Auftragsklärung zum Gegenstand. Die Konfliktparteien erhalten eine erste Orientierung zum Wesen der Mediation. Struktur und Ablauf des Verfahrens werden erläutert, nachdem sich der Mediator einen Überblick über das anstehende Problem verschafft hat.
Ist dieser erste Überblick geschaffen, werden die Regeln - mit den Worten von Ponschab „Spielregeln“ - festgelegt, die für das Verfahren zwischen den Beteiligten gelten sollen.
Steht der Entschluss zur Durchführung der Mediation fest, endet die Phase mit einer Mediationsvereinbarung. Dort kommt, gegebenenfalls unter Hinweis auf das Mediationsgesetz, die Freiwilligkeit, Eigenverantwortlichkeit und Rolle des Mediators als verschwiegener Unterstützer des Verhandlungsprozesses zum Ausdruck. Schließlich ist auch die Regelung der Vergütung des Mediators Bestandteil einer solchen Mediationsvereinbarung.
b. Phase zwei dient der Klärung des Sachverhalts und der Themen der Mediation. Durch Vortrag der Parteien sollen die Ursachen des Konflikts offengelegt und geklärt werden. Der Mediator ermutigt die Parteien zu einer Darlegung des Streits aus ihrer eigenen, subjektiven Sicht. Es werden die Themen für die weitere Mediation gesammelt. Dabei vermittelt der Mediator den Parteien, dass es bei dieser persönlichen Darstellung keinesfalls um eine Bewertung nach den Kriterien „richtig“ oder „falsch“ geht, sondern dass Menschen Ereignisse grundsätzlich nur subjektiv wahrnehmen (können).
Dadurch, dass der Mediator die Beiträge der Parteien anschließend zusammenfasst, fühlen sich diese nicht nur zur Äußerung ihrer Anliegen aus persönlicher Sicht ermutigt; die Medianden „filtern“ dadurch auch heraus, welche der gesammelten Punkte als streitig oder unstreitig zu behandeln sind.
c. In der dritten Phase werden die Parteien dazu angeleitet herauszufinden, was sie tatsächlich bewegt. Dazu erläutert der Mediator die Unterscheidung zwischen Positionen und den dahinter liegenden Interessen. Mit gezielten Fragen arbeitet er die Interessen der Medianden heraus um zu erfahren, welche Ziele die Parteien wirklich verfolgen und welche persönlichen oder wirtschaftlichen Ziel und Bedürfnisse hinter dem Konflikt stehen. Der Mediator findet so heraus, was die Parteien wirklich bewegt. Dabei ist auch ein Perspektivenwechsel der Parteien weg von der Vergangenheit und hin auf die Zukunft gerichtet erforderlich. Auf diese Weise können die Parteien - durch Nachfragen des Mediators - erfahren, was sie selbst als ihre Ziele zukünftig erreichen wollen und was geschehen muss, damit diese Ziele zufriedenstellend erreicht werden.
d. Hat sich in Phase drei gezeigt, um was es den Parteien im Kern wirklich geht und sind dadurch die hinter den Positionen verborgenen Interessen hervorgetreten, werden in der Phase vier Lösungsmöglichkeiten erarbeitet. Diese Lösungsoptionen sollen die Parteien ihren Interessen, Zielen und Bedürfnissen näher bringen.
Entscheidende Frage ist in dieser Phase, welche Maßnahmen zur Zielverwirklichung notwendig sind. Um dies herauszufinden sucht der Mediator zusammen mit den Parteien nach kreativen Lösungen für deren Interessen. Er bedient sich dabei außer einer gezielten Fragetechnik objektiver Kriterien und neutraler Verfahren. Die Parteien sind vom Mediator zunächst aufgefordert, nach konkreten Lösungsmöglichkeiten für die in Phase drei herausgefundenen Interessen Ausschau zu halten. Dabei ist wichtig, dass die Parteien sich nicht selbst (und natürlich auch nicht die andere Partei) einschränken. Alle Lösungsansätze sollen „auf den Tisch“, Kritik ist nicht zulässig. Dazu dienen etwa Methoden wie das Brainstorming, die eine zunächst unkommentierte Sammlung von Optionen und Alternativen ohne Wertung ermöglichen. Ein Brainstorming sollte emotionslos ablaufen. Im Vordergrund steht dabei nur die Frage, ob die gesammelten Optionen zur Verwirklichung der hinter den Positionen erkannten Interessen beitragen können. Auch wenn es sich in dieser Sammelphase um eine „kreative Phase“ handelt, achtet der Mediator auf die „Spielregeln“, indem er das Sammeln strukturiert. Das kann etwa durch Notieren der Punkte auf einem Flipchart, einer Pinnwand oder als Mindmap geschehen. Alternativ zum gemeinsamen Sammeln kann sich gelegentlich auch anbieten, dass die Parteien getrennt voneinander ihre Lösungsmöglichkeiten notieren.
Ist das Sammeln abgeschlossen, beginnt die eigentliche „Verhandlung“. Die gemeinsame Aufgabe besteht nun darin, in einer Auslese herauszufinden, welche gesammelten Punkte von beiden Parteien als Beitrag zur Lösung angesehen werden – und welche nicht. Sprichwörtlich ist die Spreu vom Weizen zu trennen.
Regelmäßig erkennen die Parteien bereits an dieser Stelle, dass sich Lösungsansätze des einen Medianden durch eine ergänzende Idee der anderen Mediationspartei durchaus vervollständigen lassen und so beide Seiten in den Vorschlägen ihre Interessen wiederfinden können. Dazu dient auch, die gefundenen Lösungen und Überschneidungen auf einer höheren Ebene zu verstärken und die Parteien herausfinden zu lassen, dass sie auf dieser (höheren) Ebene „am gleichen Strick“ ziehen.
Ein solches ausgeglichenes Verhältnis wird bei allem Bemühen aber nicht immer herzustellen sein, weil bei Verhandlungen über Lösungen oftmals auch neue Positionen zutage treten. Insbesondere dann, wenn die Gespräche an dieser Stelle ins Stocken geraten, kann es sinnvoll sein, mit den Parteien deren Beste Alternative zu besprechen. Diese Beste Alternative liegt häufig in Abbruch der Verhandlungen mit einem anschließenden Gerichtsverfahren. Die Bewertung der Besten Alternative wird daher zumeist (auch) eine Risiko- und Kostenanalyse sein, die nicht im Beisein der anderen Partei sondern im Einzelgespräch stattfindet, weil damit häufig auch eine Reflexion über die Schwächen der eigenen Positionen einhergeht.
Der Mediator kann aufgrund der klaren Struktur des Mediationsverfahrens die Parteien in dieser Phase bei der Erarbeitung und Bewertung von Lösungsmöglichkeiten auch dann unterstützen, wenn es diesen nicht gelingt, befriedigende Lösungen aufgrund ihrer Sammlung von Optionen zu finden. Gerade dann, wenn es eher um Verteilungsfragen geht kann die Einführung objektiver Kriterien und neutraler Verfahren durch den Mediator weiterhelfen. Das Ergebnis (der Verteilung) wird dem Einfluss der Parteien dadurch entzogen, dass sie sich vor dem Ergebnis einvernehmlich auf ein objektives Berechnungs- oder Bestimmungsverfahren geeinigt haben. In solchen Situationen, in denen der „Kuchen“ nicht vergrößert werden kann, wird damit zumindest eine Verteilungsgerechtigkeit hergestellt. Die Parteien werden das Ergebnis dennoch als gerecht empfinden, weil das Procedere der Verteilung nach objektiven Kriterien geschieht und von ihnen selbst gewählt wurde. Bei Berechnungsfragen wird sich etwa die Einholung eines Sachverständigengutachtens oder eine Wertermittlung aufgrund von Normen und Standards anbieten, während sich bei Bestimmungsverfahren etwa der Spruch eines berufenen Schlichters, in weniger komplexen Fällen auch durchaus die Entscheidung durch einen (neutralen) Dritten anbietet.
Gemein ist diesen Verfahren allesamt, dass sie deshalb als fair betrachtet werden, weil sich nicht eine Seite durchsetzt, sondern beide Parteien die Verfahrensweise gemeinsam ausgewählt und bestimmt haben. Das entspricht dem selbstbestimmten Wesen der Mediation.
e. Wurde in der Phase vier ein Ergebnis gefunden, kann dieses Mediationsergebnis schließlich in eine rechtsverbindliche Vereinbarung umgesetzt werden. Der Mediator wird die erzielte Einigung in Phase fünf zunächst mit den Parteien besprechen und muss dafür Sorge tragen, dass die Übereinkunft von den Parteien in Kenntnis der Sachlage und deren Inhalt getroffen wird. Dann kann unter Voraussetzung der Zustimmung beider Parteien gemäß § 2 Abs. 6 S. 3 Mediationsgesetz und unter Hinweis auf die Möglichkeit externer anwaltlicher Beratung ein verbindliches Protokoll der Einigung erstellt werden.
Dieses Protokoll hat als Schlussvereinbarung rechtliche Bindungswirkung, sobald es von den Parteien unterzeichnet ist. Für den Fall, dass der Mediator in seinem Quellberuf Rechtsanwalt ist, besteht die Möglichkeit, dass dieser die Schlussvereinbarung detailliert als Vertrag ausformuliert.
Ergänzt werden können die fünf Phasen der Mediation noch jeweils durch eine Vorbereitungsphase vor der Eröffnung bzw. Auftragsklärung und eine Phase der Nachsorge, welche der Abschlussphase nach einiger Zeit nachfolgt.
In der Vorbereitungsphase, d.h. vor dem ersten Treffen können etwa bereits der Ort der Zusammenkunft, benötigte Requisiten und die Sitzordnung (“runder Tisch“) festgelegt werden.
Der Mediator wird in dieser vorbereitenden Phase gegebenenfalls bereits auch versuchen, eine Beziehung und Vertrauen zu seinem Mandanten bzw. den Parteien aufzubauen (rapport), Informationen über die Parteien und den Konflikt zu sammeln, den allgemeinen Mediationsablauf – soweit vorhersehbar - zu organisieren und diesen Ablauf den Parteien zur grundsätzlichen Orientierung genauso zu vermitteln wie etwa auch Informationen zu seinem Mediationshonorar.
Der Phase fünf, in der eine Vereinbarung geschlossen wurde, kann gegebenenfalls noch eine Phase zur „Nachsorge“ folgen. Das ist beispielsweise sinnvoll, wenn die Medianden weiterhin in Kontakt stehen (müssen) und ihr Zusammentreffen anlässlich der Mediation nicht einmalig war. Dann ist es möglich, dass alte oder neue Konflikte aufbrechen. Möglicherweise kann es daher sinnvoll sein, nach einiger Zeit einen Folgetermin anzusetzen und dabei zu prüfen, wie sich das Verhältnis zwischen den Medianden weiter entwickelt hat.
Alternative Formen kooperativen Verhandelns
In der Mediation sind - abweichend vom hier vorgestellten Fünf-Phasen-Modell – auch andere Abläufe bekannt, etwa ein dreiphasiges Modell nach Christopher W. Moore, der die Mediation in Vorbereitungsphase, Mediationsphase und Abschlussphase aufteilt. Schweizer arbeitet in der juristischen Mediation dagegen mit einem 7-Stufen-Modell, das folgende Schritte vorsieht: (1) Opening, (2) Positionen, (3) Risikoanalyse, (4) Interessen, (5) gemeinsame Vision/Mission, (6) Optionen und (7) Lösung. Daneben gibt es weitere Ansätze.Allen Modellen des kooperativen Verhandelns ist aber gemein, dass es letztlich nicht darum geht, einer Partei zur Duchsetzung ihres Konstrukts zu verhelfen, sondern dass beide Parteien Mittel und Wege finden, damit beide Konstrukte realisiert werden.