Steueranwalt: Keine Steuerhinterziehung durch Unterlassen bei Kenntnis der Finanzbehörde

Urteil des OLG Köln vom 31.01.2017 (III. 1 RVs 253/16)

Neben Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit hatte der Angeklagte gewerbliche Einkünfte aus verschiedenen Unternehmensbeteiligungen. Diese wurden pünktlich und ordnungsgemäß dem zuständigen Festsetzungsfinanzamt gegenüber erklärt.
Das Wohnsitzfinanzamt erließ aufgrund der Informationen einen Schätzbescheid, weil der Angeklagte keine Einkommensteuererklärung eingereicht hatte. Der Schätzbescheid wurde rechtskräftig. Erst nachdem ein Steuerstrafverfahren gegen ihn eingeleitet worden war, reichte er eine Steuererklärung ein. Aus dieser ergab sich eine Steuererstattung.
Vom Amtsgericht (AG) war der Angeklagte wegen einer vollendeten Steuerhinterziehung durch Unterlassen verurteilt worden, § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO. Die Berufung zum Landgericht (LG) gegen dieses Urteil hatte Erfolg. Grund: Zum Zeitpunkt der Tatvollendung hatte es an der erforderlichen Unkenntnis des Finanzamtes gefehlt. Die Verurteilung aufgrund eines Tatversuchs lehnte das Gericht mit der Begründung ab, es könne dem Angeklagten kein Vorsatz bezüglich des in Unkenntnis Lassen des Finanzamtes mit Überschreiten der Abgabefrist nachgewiesen werden.
Gegen das Urteil des LG legte die Staatsanwaltschaft Revision ein, die allerdings erfolglos blieb. Auch das Oberlandesgericht (OLG) schloss sich der Meinung des LG an, dass die Kenntnis der Finanzbehörde von wesentlichen steuerrelevanten Umständen den Tatbestand einer vollendeten Steuerhinterziehung durch Unterlassen ausschließe.
Den Einwand einer sich insofern ergebenden Strafbarkeitslücke im Steuerstrafrecht sah das OLG ebenfalls nicht, weil eine Versuchstrafbarkeit schon dann in Betracht komme, wenn das Wohnsitzfinanzamt durch eine Kontrollmitteilung der Steuerfahndung vor Abschluss der Veranlagungsarbeiten aber nach Ablauf der Erklärungsfrist Kenntnis von steuererheblichen Tatsachen erhalte. Es sei auch nicht Aufgabe der Gerichte sondern des Gesetzgebers, etwaige Lücken zu schließen. Eine strafbarkeitserweiternde Auslegung bestehender Regelungen sei daher auch nicht angezeigt.



Eingestellt am 19.05.2017 von S. Bastek
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